Doppelte Staatsbürgerschaft für Deutsche

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09.12.2023 00:00:00

So klappt es mit der doppelten Staatsbürgerschaft für Deutsche

Etwas mehr als die Hälfte aller Länder erlaubt seinen Bürgern, eine doppelte Staatsbürgerschaft zu besitzen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir als Deutsche theoretisch die Staatsbürgerschaft dieser Staaten zusätzlich annehmen können. Der Erwerb einer solchen ist entweder teuer oder ein langwieriger administrativer Vorgang, weshalb du dafür gute Gründe haben solltest. Bevor wir uns mit dem Nutzen und Gesetzesgrundlagen einer zweiten Staatsbürgerschaft beschäftigen, vorab noch eine kleine Anekdote aus meinem Leben. Während meiner Studienzeit haben wir uns mit fünf Freunden in Berlin ein Wohnmobil gemietet und sind damit einmal quer durch Osteuropa bis nach Istanbul und an der Adriaküste entlang wieder zurückgefahren. Eine super Tour, wenn da nicht so viele Grenzen gewesen wären ... Wenn ich mich recht erinnere, haben wir insgesamt 16 Länder durchquert, von denen einige nicht zur EU gehörten. Das große Problem war, das wir mit einem Türken und zwei Mexikanerinnen gereist sind. An jeder Grenze wurde unser Wohnmobil gründlich durchsucht, Visa mussten beantragt werden und Reisepässe wurden auf das Genaueste inspiziert. Spätestens nach der dritten Grenzüberquerung war das nicht mehr witzig. Eine der Mexikanerinnen hatte jedoch einen US-amerikanischen Zweitpass. Sie konnte also je nach Land den Reisepass zücken, der weniger Stress bedeutete. Generell hat sie dadurch viele Freiheiten, nicht nur auf Reisen. Für ihre holländische Arbeitserlaubnis war der US-Pass deutlich besser. Für die Einreise in die Türkei brachte der mexikanische Pass weniger Ärger an der Grenze mit sich.  

Warum ein zweiter Reisepass Sinn macht

Ein zweiter Reisepass kann deutlich mehr Freiheiten bedeuten. Du bist weniger abhängig von dem Rechts- und Sozialsystem deines Heimatlandes. Du kannst an Grenzen auswählen, welchen Reisepass du vorlegst. Du unterliegst keinen Restriktionen, die manche Länder an eine Staatszugehörigkeit knüpfen. Und du hast natürlich in dem Land der zweiten Staatszugehörigkeit alle Rechte und Pflichten, womit du dort leben, arbeiten und Rechtsgeschäfte abwickeln kannst (z.B. Unternehmensgründung, Immobilienkauf, Kontoeröffnung). Außerdem genießt du den diplomatischen Schutz des Landes und könntest an dessen Wahlen teilnehmen. Natürlich gibt es nicht nur Vorteile, sondern auch Pflichten, die mit dem Erwerb einer Staatsbürgerschaft erfüllt werden müssen. Dazu gehören vor allem die Wehrpflicht und die Steuerpflicht. Ein Problem bei zwei Staatsbürgerschaften ergibt sich durch die fehlende Eindeutigkeit für ein Rechtssystem. Nach dem Privatrecht welches Staates werden Dispute geregelt, wenn du mehrere Staatsbürgerschaften besitzt? Die Lösung dafür ist die sogenannte effektive Staatsbürgerschaft, die an die Verbundenheit zu einem Staat gebunden ist. Der Staat zu dem die stärkere Bindung ist als Rechtsgrundlage anzuwenden.
Zu einer zweiten Staatsbürgerschaft gehören nicht nur Freiheiten und Rechte, sondern auch Pflichten wie die Steuer- und Wehrpflicht.
Für jedes Land gibt es spezielle Regelungen, wie die jeweilige Staatsbürgerschaft erlangt werden kann. Die Prinzipien ähneln sich jedoch. Deshalb schauen wir uns als Beispiel einmal an, wie Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben können.  

Die deutsche Staatsbürgerschaft

Die Staatsbürgerschaft ist der Begriff für alle Rechte und Pflichten, die sich aus einer Staatszugehörigkeit ergeben. Diese muss nicht unbedingt gleich der Nationalität sein, sondern bezieht sich auf die rechtliche Zugehörigkeit zu einem Staat. Alle rechtlichen Angelegenheiten rund um die deutsche Staatsangehörigkeit sind im Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) geregelt. Dort steht beispielsweise, dass der formale Nachweis für die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Staatsangehörigkeitsurkunde erfolgt. Der Reisepass hingegen ist eher Mittel zum Zweck, nicht aber ein formaler Nachweis für die Staatszugehörigkeit. 2017 wurden in Deutschland ca. 112.000 Ausländer eingebürgert. Die Hälfte von ihnen hat die zweite Staatsbürgerschaft aufgegeben, wobei die anderen 50% mehrere Staatsangehörigkeiten beibehalten durften. (Quelle: Statistisches Bundesamt) Grundsätzlich möglich ist der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft durch die Abstammung eines oder beider Elternteile, durch Adoption, durch die Geburt in Deutschland oder die Einbürgerung.  

Deutsche Staatsbürgerschaft durch Abstammung und Geburtsort

Neugeborene erhalten die Staatsangehörigkeit über den Geburtsort oder ihre Abstammung. Das Kind bekommt also entweder den Pass des Landes, in dem es geboren wurde oder den seiner Eltern. Neugeborene in Deutschland, deren Eltern beide nicht Deutsche waren, hatten lange Zeit die Option, zwischen Geburtsland und Abstammung zu wählen (sogenanntes Optionsmodell). Bei Geburt bekamen sie beide Staatsbürgerschaften und bis zum 23. Lebensjahr mussten sie sich für einen der Pässe entscheiden. Ende 2014 wurde das Staatsangehörigkeitsgesetz geändert. Seitdem dürfen in Deutschland geborene Kinder mit ausländischen Eltern beide Staatsbürgerschaften erhalten, wenn sie bis zum 21. Lebensjahr eine enge Bindung zu Deutschland vorweisen können (Ausbildung, Schulabschluss, mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt). Hat jemand ein deutsches und ein ausländisches Elternteil, dann gilt automatisch das Abstammungsprinzip. Das Kind erhält also beide Pässe, den deutschen und den des anderen Elternteils. Übrigens wird auch bei der Adoption eines Kindes bis zum 18. Lebensjahr automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft übertragen, wenn zumindest ein Elternteil die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt.  

Deutsche Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung

Der klassische Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft führt über einen Antrag auf Einbürgerung. Diese Anträge werden bei der Staatsangehörigkeitsbehörde gestellt, die dann nach Gesetz und eigenem Ermessen handelt. Gute Chancen auf die Einbürgerung hat jeder, der bereits seit acht Jahren in Deutschland lebt, nicht vorbestraft ist, keiner extremistischen Organisation angehört und bereit dazu ist, die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben. Den Antrag auf Einbürgerung muss zudem jeder stellen, der die deutsche Staatsbürgerschaft durch Heirat erlangen will. Nicht nur Ehegatten, sondern auch Lebenspartner nach § 9 StAG können diese beantragen. Auch wer das Sorgerecht für ein Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit hat, kann diesen Antrag stellen. Damit sind ausländische Eltern eines in Deutschland geborenen Kindes berechtigt, die Einbürgerung zu beantragen.  

Deutsche Staatsbürgerschaft ablegen

In vielen Staaten ist es nahezu unmöglich, die Staatsbürgerschaft abzulegen, wenn nicht gleichzeitig die Staatsbürgerschaft in einem anderen Land angenommen wird. Falls dieser Fall dennoch eintritt, gilt diese Person als staatenlos. Staatenlos sind Personen, die durch Ausbürgerung oder Vertreibung keine Staatsbürgerschaft mehr besitzen. Nach dem Völkerrecht sind alle Länder dazu verpflichtet, Staatenlosen Schutz zu gewähren und diese nicht auszuweisen. Nach Artikel 16 des Grundgesetzes darf die deutsche Staatsangehörigkeit nicht gegen unseren Willen entzogen werden. Wohl aber können wir die deutsche Staatsbürgerschaft freiwillig ablegen. Als Deutsche können wir einen Antrag auf Ablegung der deutschen Staatsbürgerschaft stellen, wenn wir die Staatsbürgerschaft eines anderen Staates erhalten wollen. Auch durch Adoption oder Verzicht auf die deutsche Staatsangehörigkeit (Optionsmodell) kann diese verloren gehen.
Als deutsche Staatsbürger sind wir automatisch auch Bürger der Europäischen Union und genießen damit viele Privilegien. Das Ablegen der deutschen Staatsbürgerschaft sollte also einen sehr guten Grund haben.
Wenn du bei Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsbürgerschaft nicht verlieren willst, dann musst du einen Antrag auf Beibehaltungsgenehmigung stellen. Zuständig dafür ist die Staatsangehörigkeitsbehörde (lokales Amt) in Deutschland bzw. das Konsulat im Ausland. Wird dieser Antrag nicht gestellt und du nimmst eine andere Staatsbürgerschaft (außer EU und Schweiz) an, wird dir die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Der Reisepass wird dann bei der nächsten Gelegenheit einbehalten (z.B. bei der Verlängerung im Konsulat). Solltest du nach dem Ablegen der deutschen Staatsbürgerschaft deine Meinung ändern, kannst du als ehemaliger Deutscher jederzeit einen Antrag auf Wiedereinbürgerung stellen. Daraufhin wird jeweils für den Einzelfall entschieden, ob und unter welchen Bedingungen eine Wiedereinbürgerung möglich ist.

Doppelte Staatsbürgerschaft für Deutsche

Grundsätzlich geht die deutsche Staatsbürgerschaft verloren, wenn du dich in einem anderen Land einbürgern lässt. Ausnahmen gibt es für alle EU-Staaten und die Schweiz, für die du ohne weiteres die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten kannst. Bei allen anderen Staaten kann der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft nur durch den Beibehaltungsantrag nach § 25 Absatz 2 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) verhindert werden, der vor dem Einbürgerungsverfahren im Ausland gestellt werden sollte.
Eine doppelte Staatsbürgerschaft in einem Nicht-EU-Staat oder der Schweiz ist nur möglich, wenn dem Beibehaltungsantrag vor dem Erwerb der zweiten Staatsbürgerschaft stattgegeben wurde.
Gestellt wird dieser Antrag bei Wohnort in Deutschland bei der zuständigen lokalen Behörde und bei Wohnort im Ausland bei dem zuständigen Konsulat bzw. der Botschaft. In dem Antrag muss gut nachvollziehbar begründet werden, dass nach wie vor eine enge Bindung zu Deutschland besteht. Zum Antrag gehören Unterlagen, die die deutsche Staatsbürgerschaft beweisen (Geburtsurkunde, Heiratsurkunde der Eltern, Führungszeugnis, Nachweis des letzten Wohnsitzes) und ein Nachweis der fortlaufenden Bindung an Deutschland. Das eine Bindung an Deutschland trotz Auslandsaufenthalt gegeben ist, wird durch in Deutschland lebende Angehörige, Immobilien, Erbschaftsansprüche oder zu erwartende Renten- und Versicherungsleistungen begründet. Letztendlich muss auch glaubhaft dargestellt werden, dass man dem Staat bei einer eventuellen Rückkehr nach Deutschland nicht zur Last fallen würde. Dafür eignen sich Angaben zu Einkommen, Besitz, privater Absicherung und Ausbildungsnachweise. Eine zweite Staatsbürgerschaft kann im Grunde durch Einbürgerung, Abstammung, Geburt oder ein großzügiges Investment erlangt werden.
  • Einbürgerung: Die Kriterien, an die eine Einbürgerung gebunden ist, unterscheiden sich in jedem Land. In der Regel wird eine Mindestzeit für den permanenten Aufenthalt in dem entsprechenden Land vorausgesetzt.
  • Investment: Zypern und einige Inselstaaten in der Karibik lassen sich durch großzügige Spenden und Investitionen von 6- bis 7-stelligen Beträgen davon überzeugen, dass deine Bindung zu dem Land stark genug ist.
  • Abstammung: Einige Länder wie Irland, Italien, Brasilien und Israel bieten Staatsbürgerschaften für alle an, die Vorfahren in ihrem Land hatten.
  • Geburt, Heirat & Adoption: Auch bei Geburt eines Kindes, Heirat oder Adoption können Eltern beide Staatsbürgerschaften gleichberechtigt auf ihr Kind übertragen, wodurch die Mehrstaatigkeit erreicht wird.
Eine weitere Möglichkeit und erstrebenswertes Ziel ist die Verleihung der Ehrenstaatsbürgerschaft. Diese wird für außergewöhnliche Leistungen oder das Lebenswerk von Personen, das mit einem Staat in Verbindung steht.  

Länder, die eine zweite Staatsbürgerschaft ermöglichen

Laut dem Datenmix aus einem Bericht des Center for Migration Studies of New York, einer Übersicht des Corpocrat Magazins und Wikipedia ist die doppelte Staatsbürgerschaft in 116 Ländern möglich. In weiteren 32 Ländern kann die zweite Staatsbürgerschaft unter besonderen Umständen beantragt bzw. behalten werden. In mindestens 48 Ländern bedeutet die Annahme der neuen Staatsbürgerschaft die gleichzeitige Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft. Laut diesen Angaben (die keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben) verbieten besonders asiatische und afrikanische Staaten den Besitz einer zweiten Staatsbürgerschaft. Einfacher machen es ihren Bürgern europäische, amerikanische und ozeanische Staaten. Hier eine Übersicht aus dem Bericht:
  • Doppelte Staatsbürgerschaft generell möglich: Ägypten, Albanien, Algerien, Samoa-Inseln, Angola, Antigua und Barbuda, Äquatorialguinea, Argentinien, Armenien, Australien, Barbados, Belgien, Belize, Benin, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Britische Jungferninseln, Bulgarien, Burkina Faso, Burundi, Chile, Costa Rica, Dänemark, Gambia, Dominica, Dominikanische Republik, Dschibuti, Ecuador, El Salvador, Elfenbeinküste, Finnland, Frankreich, Ghana, Grenada, Griechenland, Großbritannien, Guatemala, Guinea-Bissau, Haiti, Irak, Irland, Island, Israel, Italien, Jamaika, Jordanien, Kambodscha, Kanada, Kap Verde, Kenia, Kirgisistan, Kolumbien, Komoren, Kosovo, Kroatien, Lettland, Libanon, Litauen, Luxemburg, Macao, Mali, Malta, Marokko, Mauritius, Mexiko, Moldawien, Namibia, Nauru, Neuseeland, Niger, Nigeria, Osttimor, Panama, Papua Neu-Guinea, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Sambia, Samoa, Schottland, Schweden, Schweiz, Serbien, Seychellen, Sierra Leone, Slowenien, Somalia, Sri Lanka, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Südafrika, Sudan, Südsudan, Syrien, Tadschikistan, Taiwan, Thailand, Tonga, Trinidad & Tobago, Tunesien, Türkei, Uganda, Ungarn, Uruguay, Vanuatu, Vatikanstadt, Venezuela, Vereinigte Staaten, Vietnam, Zentralafrikanische Republik, Zypern
  • Doppelte Staatsbürgerschaft unter Umständen möglich: Afghanistan, Bangladesch, Fidschi, Jemen, Kasachstan, Kuwait, Mazedonien, Nicaragua, Niederlande, Norwegen, Österreich, Pakistan, Paraguay, Saudi Arabien, Spanien, Südkorea, Tschechien, Ukraine, Vereinigte Arabische Emirate
  • Doppelte Staatsbürgerschaft bis zum Alter von 18/21 Jahren möglich: Bahamas, Brunei, Mikronesien, Salomon-Inseln, Simbabwe, Tansania, Botswana, Demokratische Republik Kongo, Kamerun, Lesotho, Palau, Japan, Malawi
  • Doppelte Staatsbürgerschaft kategorisch ausgeschlossen: Andorra, Aserbaidschan, Äthiopien, Bahrain, Bhutan, China, Eritrea, Estland, Georgien, Guyana, Honduras, Hongkong, Iran, Indien, Indonesien, Katar, Kiribati, Kuba, Laos, Liberia, Liechtenstein, Lybia, Madagaskar, Malaysia, Malediven, Marshallinseln, Mauretanien, Monaco, Mongolei, Montenegro, Mosambik, Myanmar, Nepal, Nordkorea, Oman, Philippinen, Republik Kongo, Ruanda, San Marino, Sao Tomé und Príncipe, Singapur, Slowakei, Suriname, Swasiland, Turkmenistan, Togo, Usbekistan, Weißrussland
 

Legende: Grün: Zweite Staatsbürgerschaft möglich / Gelb: unter Umständen möglich / rot: nicht möglich

Die Daten zu Ländern, die eine duale Staatsbürgerschaft ermöglichen, stammen aus einem Bericht des Center for Migration Studies of New York, einer Übersicht des Corpocrat Magazins und Wikipedia.
  Ein interessantes Thema, um sich als Weltenbürger neue Handlunsgspielräume zu verschaffen. Gleichzeitig sind Visabestimmungen, Aufenthaltsgenehmigungen und dem anschließenden Einbürgerungsverfahren aber auch komplex, das sie zwischen einzelnen Länder sehr unterschiedlich gehandhabt werden.

Hast du selbst eine zweite Staatsbürgerschaft und magst deine Erfahrungen in den Kommentaren mit uns teilen?