Enzyme
Im menschlichen Körper laufen zahlreiche chemische Reaktionen ab. Eine entscheidende Rolle kommt den Enzymen zu. Ein Enzym ist ein meist aus Eiweiß bestehender Katalysator, der für den Stoffwechsel unersetzlich ist. In jeder Körperzelle sind Enzyme enthalten – die durchschnittliche Anzahl pro Säugetier-Zelle beläuft sich auf 3.000 Stück. Die Eiweiß-Katalysatoren funktionieren hochspezifisch: Jedes einzelne Enzym übernimmt eine bestimmte Aufgabe.
Enzyme – ihr Vorkommen und ihre Verwendung
Eine biochemische Reaktion wandelt Substrate (Ausgangsstoffe) in entstehende Reaktionsprodukte um. Währenddessen befinden sich die beteiligten, zu verändernden Stoffe im Übergangszustand. Das ist ausschließlich durch die Überwindung einer Aktivierungsenergie möglich.
Letztere ist verhältnismäßig hoch. An dieser Stelle kommen die Enzyme ins Spiel. Ein Enzym fungiert als Beschleuniger (Katalysator) der Reaktion, indem es die zur Stoffumsetzung erforderliche Aktivierungsenergie herabsetzt. Die Aktivierungsenergie ist der zu investierende Energiebeitrag, um eine chemische Reaktion zu beginnen.
Ein Enzym stabilisiert durch Wechselwirkungen den Übergangszustand. Dadurch ist weniger Energie erforderlich, um die Stoffe in den Übergangszustand zu bringen.
Während der Reaktion verbindet sich das Enzym vorübergehend mit den beteiligten Stoffen.Die Substrate docken am sogenannten aktiven Zentrum der Enzyme an. Die Verbindung nennt sich Enzym-Substrat-Komplex. Trotz der Beteiligung an der biochemischen Reaktion findet am Enzym keine Veränderung statt. Nach Abschluss der Reaktion liegt das Enzym in seinem Ausgangszustand vor.
Enzym-Substrat-Komplex: Aktives Zentrum bindet Substrat
Enzyme bestehen entweder aus einer Proteinkette (Monomere) oder aus mehreren Proteinketten (Oligomere). Die Bildung des aktiven Zentrums folgt aus Aminosäureresten. Neben reinen Proteinenzymen existieren Holyenzyme. Letztere enthalten nicht ausschließlich Proteine, sondern besitzen einen zusätzlichen Ko-Faktor.
Die überwiegend aus Proteinen (Eiweiß) bestehenden Enzyme verfügen über eine – unter starker Vergrößerung sichtbare – eingedellte Stelle: das „aktive Zentrum“. Besagte Stelle ist entscheidend dafür, dass jedes Enzym in der angedachten Reaktion zum Einsatz kommt.
Das aktive Zentrum bindet beim Stoffwechsel die Substrate. Letztere sind die umzusetzenden und zu verändernden Stoffe. Aufgrund einer speziellen räumlichen Konstruktion des Zentrums passt ausschließlich ein bestimmtes Substrat. Kleine Unterschiede in der Struktur eines Enzyms verhindern das Erkennen eines Substrates. Enzym und Substrat funktionieren nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. In der Fachsprache heißt die angesprochene Eigenschaft Substratspezifität.
Zugleich führt jedes einzelne Enzym exakt eine von theoretisch vielen möglichen Reaktionen durch (Reaktionsspezifität). Nach dem Andocken der Substrate am aktiven Zentrum spaltet das Enzym dessen Struktur an einer vorgesehenen Stelle. Dabei wandelt das Enzym die Substrate in Reaktionsprodukte um und gibt diese anschließend wieder frei. Häufig ist eine Zusammenarbeit von mehreren Enzymen in sogenannten Enzymkaskaden. Dabei reicht ein Enzym den veränderten Stoff an das nächste Enzym weiter, welches erneut eine Veränderung vornimmt.
Wichtige Rollen von Enzymen: Verdauung und Stoffwechsel
Schätzungen zufolge existieren bis zu 30.000 unterschiedliche Enzyme. Dabei ist zu unterscheiden zwischen körpereigenen Enzymen und solchen Enzymen, welche der Körper über Nahrung aufnimmt. Ohne die Enzyme könnte der menschliche Körper nicht überleben. Im Stoffwechsel von Menschen und sämtlichen weiteren lebenden Organismen sind Enzyme der entscheidende Schlüssel.
Die Protein-Moleküle ermöglichen und kontrollieren beinahe alle biochemischen Reaktionen. In der Verdauung aufgenommener Speisen und der Verwertung darin enthaltener Nährstoffe spielen zahlreiche Enzyme eine wichtige Rolle. Nachfolgend seien einige der wichtigsten Verdauungsenzyme vorgestellt. Das Enzym Lipase ist für die Verdauung von Fetten verantwortlich. Amylase unterstützt den Körper bei der Spaltung und Aufnahme von Kohlenhydraten und Stärke. Das Enzym Protease spaltet in der Nahrung enthaltene Proteine. Bei der Verdauung von Milchzucker kommt das Enzym Laktase zum Einsatz. In Gemüse oder Obst enthaltene Fasern spaltet das Enzym Cellulase, wohingegen Maltase Zucker verdaut.
Neben Stoffwechsel und Verdauung sind Enzyme am Heilungsprozess von Verletzungen beteiligt. Bei einer Entzündung liegt ein Ungleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und -hemmenden Botenstoffen vor. Enzyme unterstützen die Herstellung des Gleichgewichts, wodurch der Heilprozess effektiver und schneller abläuft.
Vielseitiger Einsatz von Enzymen in Medizin und Industrie
Die Funktionsweise der Enzyme ist in der Medizin von großer Bedeutung. Zahlreiche Arzneimittel zielen in ihrer Wirkung gezielt auf ein Enzym ab. Durch das Hemmen oder Verstärken der Enzymwirkung tritt ein gewünschter, die zu behandelnde Krankheit heilender, Effekt ein.
Schmerzmittel enthalten beispielsweise Acetylsalicylsäure. Die Säure hemmt ein Enzym und lindert dadurch Schmerzen. Umgekehrt eignen sich Enzyme für die Diagnose von Krankheiten. Der Diabetes-Teststreifen basiert auf einem enzymatischen System, das bei Kontakt mit Blutzucker einen gewissen Stoff produziert. Anschließend lässt sich der Gehalt des Stoffes messen. Das ermöglicht eine indirekte Ermittlung des Blutzuckerspiegels. Die sogenannte enzymatische Messung basiert auf der Substratspezifität und findet oft in Laboren Anwendung.
Unter Zugabe eines gewissen Enzyms beginnt in der zu untersuchenden Flüssigkeit eine Umsetzung des zu ermittelnden Substrats (wie zum Beispiel Alkohol). Anschließend lässt sich aus der Menge der entstandenen Reaktionsprodukte die Höhe des anfänglich vorhandenen Substrats ermitteln.
Enzyme sind nicht ausschließlich im menschlichen Körper aktiv. In vielen Gegenständen des Alltags sind die Protein-Moleküle enthalten. Geschältes Obst verfärbt sich und nimmt einen bräunlichen Ton an. Grund sind durch verletzte Zellen freigesetzte Enzyme. Biotechnologie und Industrie nutzen gezielt die Funktionsweise von Enzymen als unterstützende Werkzeuge in zahlreichen Einsatzgebieten.
Ein Beispiel aus dem Alltag für die Verwendung von Enzymen sind Waschmittel. Die darin enthaltenen Proteasen und Lipasen spalten Eiweiße und Fette. Dadurch entfernen Waschgänge bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen hartnäckige Flecken aus der Kleidung. Das reduziert die Notwendigkeit der Kochwäsche deutlich und spart somit Energie.
Das Bleichen von weißem Papier erfolgt unter Einsatz von Enzymen anstelle des umweltschädlichen Chlors. Reinigungsmittel für Kontaktlinsen enthalten Enzyme. Letztere entfernen organische Ablagerungen. In der Gentechnik finden Enzyme Verwendung, um Erbinformationen zusammenzufügen und zu bearbeiten.
Artikel erstellt durch: Anna Nilsson