Wie du deine Geschäftsidee in einer Woche und mit weniger als 100 Euro testest

7 min
09.12.2023 00:00:00

Wie du deine Geschäftsidee in einer Woche und mit weniger als 100 Euro testest

Mein erster ernsthafter Versuch, mich selbständig zu machen, begann gemeinsam mit einem Freund im Studium. Unsere Idee war nicht schlecht - Studenten, die ein Pflichtpraktikum im Ausland absolvieren müssen, an Unternehmen zu vermitteln, in denen sie tatsächlich etwas lernen können und dabei vergütet werden. Also schrieben wir ein halbes Jahr an unserem Businessplan, mieteten uns ein Büro, entworfen das Logo, stellten wilde Finanzpläne auf und interviewten andere Praktikumsvermittler unter dem Vorwand, für unsere Bachelorarbeit zu recherchieren. Wir haben uns totkalkuliert, in Annahmen verloren und letztendlich selbst sabotiert. Auf die Straße gebracht haben wir die Geschäftsidee nie. Kommt dir das bekannt vor? Hast du eine großartige Idee im Kopf, bist dir aber unsicher, ob die Umsetzung profitabel wäre? Je länger du mit der Umsetzung wartest, desto stärker lässt die Motivation nach. So geht es zumindest mir. Wenn dir eine Idee in den Kopf gekommen ist, dann ist die Euphorie groß. Diesen Schwung musst du mitnehmen, indem du sofort den ersten kleinen Schritt gehst. Je länger du damit wartest, dir Feedback für deine Idee einzuholen, desto größer wird das Ideenungetüm in deinem Kopf und desto unwahrscheinlicher die Umsetzung.  

Ideen schnell testen, anstatt Annahmen zu treffen

Mittlerweile habe ich gelernt, dass ich weder viel Zeit noch Geld in ein neues Geschäftskonzept investieren sollte, sondern die Idee schnell und einfach testen kann. Erst wenn sich meine Annahmen - also der Bedarf am Markt - bestätigt hat, dann investiere ich weitere Ressourcen in die Umsetzung. So ein Markttest kann für die meisten Geschäftsmodelle innerhalb weniger Tage durchgeführt werden. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um einen Online-Shop, ein digitales Produkt oder eine Dienstleistung handelt. Mit dem Markttest überprüfst du nicht nur die echte Kaufbereitschaft und nimmst somit das Risiko aus der Umsetzung einer Geschäftsidee, sondern bekommst gleichzeitig Feedback für Verbesserungen und gewinnst im Bestfall schon die ersten zahlenden Kunden. Genau so habe ich es mit meinem Wireless Life Guide gemacht, mit einer virtuellen Konferenz und auch mit den Workations. Dabei waren nicht immer alle Markttests erfolgreich, sondern sind wie das Online Business Bootcamp auch mal gescheitert, was dennoch eine wahnsinnig wertvolle Erkenntnis war, die uns vor größeren finanziellen Risiken bewahrt hat. Die genannten Markttests sind über den Zeitraum von ein bis vier Wochen abgelaufen. Während einer Workation haben wir die Ideenvalidierung im Rahmen einer Startup Night auf die Spitze getrieben, als wir Geschäftsideen in einer einzigen Nacht getestet haben. Wie lange du für einen solchen Markttest einplanen solltest, hängt ganz von deinen Vorkenntnissen und deiner Idee ab. Exemplarisch möchte ich dir den Prozess mal für einen Zeitraum von einer Woche zeigen.  

7 Tage zum Test deiner Geschäftsidee

Auch ohne bestehendes Netzwerk, technische Vorkenntnisse und viel Zeit kannst du deine Geschäftsidee testen. Wichtig dabei ist, dass du schnell ins Handeln kommst und deinen Anspruch an Perfektion zurückstellst. Du erstellst einen Prototyp für dein Angebot, der den wichtigsten Nutzen kommuniziert, ohne dabei final zu sein. Mit Hilfe von Werbeanzeigen zeigst du diesen Prototypen dann deiner Zielgruppe und überprüfst, ob aus den Interessenten tatsächlich Käufer werden.  

Tag 1: Strategie für Markttest

Werde dir zunächst klar darüber, wer dein Kunde ist, wie du deine Marktnische abgrenzt, welchen Engpass du bedienst und in welcher Form du dein Produkt am Markt anbietest. Sobald deine Geschäftsidee konkret ist, machst du dir Gedanken darüber, wie der Markttest abläuft.
  1. Start- und Endtermin für die Validierungsphase festlegen, z.B. mein Markttest läuft 7 Tage lange ab dem 01.10. (Zeitpunkt ab dem das Angebot öffentlich gemacht wird).
  2. Kennzahlen für die Erfolgsmessung suchen, z.B. die Anzahl an E-Mail-Abonnenten oder Vorbestellungen, die ich benötige, um mir meiner Idee sicher zu sein
  3. Art des Prototyps bestimmen (mehr dazu weiter unten)
  4. Anzeigen schalten, um deiner Zielgruppe das Angebot zu zeigen
  5. Daten auswerten, um letztendlich eine fundierte Entscheidung treffen zu können
Bevor ich damit begonnen habe, den Wireless Life Guide zu schreiben, habe ich mich Anfang 2015 dazu entschieden, meine Leser vorab einfach zu fragen, ob sie das eBook kaufen würden. Zum Zeitpunkt der Ankündigung stand weder der finale Titel, noch das Cover fest. Auf einer Landing Page waren die thematischen Schwerpunkte für das zukünftige Buch zu sehen und es gab einen 20% Rabattcode für die Eintragung in die Vorverkaufsliste. Meinen Testzeitraum habe ich auf 4 Wochen festgelegt, in dem ich das Angebot über mein Netzwerk und Facebook Anzeigen beworben habe. Mein Ziel war es, in dieser Zeit mindestens 200 Leute in die Vorverkaufsliste zu bekommen. Nach 30 Tagen hatte ich über 500 Abonnenten und habe erst dann mit dem Schreiben begonnen. Je nach deinem Angebot könnte dein Prototyp eine einfache Webseite, ein Formular, ein Video oder ein 3D-Mockup deines Produktes sein. Werde bei deinem Prototypen kreativ und denke daran, dass dieser mit möglichst wenig Aufwand erstellt werden muss. Hier ein paar Ideen für verschiedene Geschäftsmodelle:
  • Coaching: kostenlose 15-minütige Erstberatungen mit dem Angebot einer kostenpflichtigen Folgesitzung am Ende.
  • Onlinekurs: erstelle zunächst nur die Gliederung und das erste Kapitel deines Kurses und lasse Interessenten für einen Sonderpreis testen.
  • Online-Shop: frage Produzenten nach der Genehmigung, Produktbilder und -beschreibungen auch schon vor der Bestellung größerer Margen in deinen Online-Shop einbinden zu können. Weise Käufer dann auf verlängerte Lieferzeiten hin und bestelle die Ware selbst erst, wenn du genügend Vorbestellungen hast.
  • Veranstaltungen: organisiere ein Webinar zu deinem Thema und mache den Teilnehmern am Ende ein verbindliches Angebot für die Veranstaltung, welche sie mit einer Anzahlung zum Sonderpreis buchen können.
 

Tag 2: Technik einrichten

Für die meisten Prototypen bietet sich eine Landing Page (einseitige Webseite) an. Diese kannst du schnell und einfach per Drag&Drop mit Website-Buildern wie Weebly oder Jimdo erstellen. Diese Webseite verbindest du dann noch mit einem E-Mail-Anbieter wie Mailchimp, um Anfragen, Abonnements oder Vorbestellungen entgegennehmen zu können. Wenn dein Angebot weniger erklärungsbedürftig ist, reicht eventuell auch schon ein einfaches Formular von  Google Forms, Jotform oder Cognito Forms, das du auf einer Webseite einbinden oder direkt über eine Facebook Anzeige bewerben kannst. Ein schönes Design für deinen Prototypen kannst du über Canva machen. Über Gumroad kannst du Produkte zum Vorverkauf einstellen und damit Zahlungsdaten sowie Geld einsammeln, wenn du dein Produkt später wirklich erstellst. Ein kostenloses Erklärvideo gestaltest du mit mysimpleshow. Alle vorgestellten Tools sind in der Grundversion absolut kostenfrei. Wenn Online Marketing für dich Neuland ist, dann wird die Einarbeitung sicher einige Stunden in Anspruch nehmen aber denke immer daran, dass es nicht um Perfektion, sondern um einen Test geht.

Tag 3: Protoyp erstellen

Am dritten Tag füllst du das technische Grundgerüst mit Inhalten, die dein Angebot beschreiben. Für einen Service ist das eine Leistungsbeschreibung mit konkretem Preis, für ein physisches Produkt mindestens ein Schaubild oder ein Video und für ein digitales Produkt der Inhalt des späteren Angebotes. Sehr wichtig dabei ist, dass du deine Interessenten nicht fragst "Würdest du kaufen, wenn ...", sondern ihnen ein konkretes Angebot machst. Wenn wir Menschen nach etwas gefragt werden, dann versuchen wir ehrlich zu antworten oder höflich zu sein, was aber meist nicht unsere tatsächliche Handlung widerspiegelt. Deshalb sollte dein Angebot einen konkreten Preis und einen Call-to-Action (Handlungsaufforderung wie "Jetzt vorbestellen" oder "Updates abonnieren") haben. Sehr gute Beiträge zur inhaltlichen Gestaltung deiner Verkaufsseite findest du auf dem affenblog und bei bjoerntantau.com.  

Tag 4: Angebot sichtbar machen

Wenn du bereits ein eigenes Netzwerk hast (Xing, Facebook, E-Mail usw.), dass für dein Angebot relevant ist, dann teile es dort. Überlege auch, ob du Menschen ansprechen kannst, die deine Zielgruppe bereits bedienen. Stelle ihnen die Vorzüge deines Angebotes vor und bitte sie darum, es mit ihrer Leserschaft zu teilen. Der schnellste Weg, um Besucher auf deine Landing Page oder dein Formular zu bekommen, führt in der Kürze der Zeit jedoch über bezahlte Anzeigen. Aufgrund der guten Eingrenzung der Zielgruppe empfehle ich dir Facebook Anzeigen. Damit kannst du deiner Zielgruppe innerhalb weniger Stunden dein Angebot zeigen. Wichtig bei der Erstellung der Werbeanzeige bei Facebook sind vor allem zwei Dinge. Erstens musst du deine Zielgruppe, der die Anzeige gezeigt wird, möglichst konkret definieren. Denke dabei nicht nur an demographische Angaben, sondern auch an Interessen, Bedürfnisse und Vorlieben. Zweitens sollte die Anzeige den Nutzer auf einem emotionalen Level ansprechen. Das schaffst du über Bilder oder Videos und einen Titel, der neugierig macht und zum Klicken verleitet. Weniger wichtig für den Markttest ist das Optimieren der Anzeige hinsichtlich der Klickrate und dem Anzeigenpreis. Es geht erstmal nur darum, die ersten 100 - 1.000 Klicks zu bekommen. Pro Klick kannst du mit einem Preis von 10 - 50 Cent rechnen. So gehst du bei der Anzeigenerstellung vor:
  1. Werbekampagne mit dem Ziel "Traffic" erstellen
  2. Zielgruppe festlegen (z.B. DACH-Region, Sprache: deutsch, Verhalten: aktuell Reisende, Interessen: Lonely Planet)
  3. Budget und Zeitplan festlegen (z.B. Tagesbudget von 50 Euro für 2 Tage)
  4. Werbeanzeige erstellen (emotionales Bild oder Video, aussagekräftiger Titel, Kurzbeschreibung und Linkziel)
  5. Facebook Seite für dein Produkt erstellen (wenn noch nicht geschehen), da die Werbeanzeige immer mit einer Seite verknüpft werden muss
Eine detaillierte Anleitung zur Erstellung von Werbeanzeigen findest du direkt in der Facebook Hilfe.  

Tag 5-6: Daten auswerten

Jetzt heißt es, 1-2 Tage abwarten und Daten sammeln. Im Facebook Werbemanager siehst du, wie viele Leute auf deine Anzeige geklickt haben. Diese Zahl setzt du ins Verhältnis zu den eingegangenen Vorbestellungen für dein Produkt, die E-Mail-Anfragen, die Anmeldungen für dein Webinar oder die gewonnenen Abonnenten. Nehmen wir an, dass 500 Leute auf deine Werbeanzeige geklickt haben. Von diesen 500 haben 25 dein Produkt vorbestellt. Du hast also eine Conversion Rate von 5%. Bei einem eingesetzten Werbebudget von 100 Euro kostet dich ein Kunde 4 Euro. Lässt die Gewinnmarge deines Produktes langfristig ein solches Werbebudget zu? Ein weiteres Beispiel, wenn du nicht direkt verkaufst, sondern erstmal nur das Interesse abfragst. Nehmen wir an, es haben sich von den 500 Leuten, die auf eine Anzeige geklickt haben,  50 Leute in deine Interessentenliste eingetragen (Conversion Rate von 10%). Gehen wir jetzt davon aus, dass 20% der Interessenten letztendlich auch bei dir kaufen, dann hättest du 10 Kunden (10 Euro Akquisekosten pro Kunde). Lohnt sich das dafür eingesetzte Werbebudget? Diese Beispiele sind komplett aus der Luft gegriffen, sollen dir aber zeigen, wie du bei der Auswertung der gesammelten Daten denken solltest. Je nach deiner verwendeten Webseiten- und Analyse-Software kannst du dir weitere Daten wie die Verweildauer von Besuchern auf der Webseite anschauen, um Rückschlüsse zu ziehen.    

Tag 7: Entscheidung

Nachdem du genügend Daten gesammelt hast (abhängig von der Größe deiner Nische und deinem Angebotspreis), entscheidest du, ob deine festgelegten Kennzahlen vom ersten Tag erreicht wurden. Hast du deine 20 Vorbestellungen, 100 Anmeldungen für das Webinar oder 200 E-Mail-Abonnten bekommen? Lasse dich an dieser Stelle nicht zu sehr von deinen Emotionen und Eindrücken leiten, sondern schaue dir die harten Zahlen an. Ich weiß nur zu gut, wie schwer es ist sein Ideenbaby sinken zu sehen. Schon mehrmals habe ich Geld und Zeit verloren, nur um eine Idee auf Teufel komm raus weiterzuverfolgen, obwohl das erste Feedback nicht gut war. Heute versuche ich rationaler an die Sache heranzugehen. So sehr es schmerzt, eine aus meiner Sicht gute Idee aufzugeben, so sehr Zeit und Geld spart es mir. Solltest du dein Ziel um Längen verfehlt haben, dann mache dich an den Test der nächsten Geschäftsidee. Wenn es zumindest ein Grundinteresse an deinem Angebot gab, du dein Ziel also nur knapp verfehlt hast, dann frage bei den Interessenten nach, wie du den Prototyp verbessern kannst und teste erneut. War dein Markttest erfolgreich, dann herzlichen Glückwunsch. Jetzt geht es darum, dein abgegebenes Versprechen den Interessenten oder Käufern gegenüber einzulösen und aus dem Prototypen ein perfektes Produkt zu entwickeln.  

Welche Geschäftsideen hast du bisher getestet und wie bist du dabei vorgegangen?