Schattenarbeit: Unbewusste Hindernisse aus deinem Leben räumen

5 min
24.03.2023 14:45:47

Schattenarbeit: Wie du unbewusste Hindernisse aus deinem Leben räumen kannst

"Die ganze Mannigfaltigkeit, der ganze Reiz und die ganze Schönheit des Lebens setzen sich aus Licht und Schatten zusammen." - Leo Tolstoi
Für uns Menschen gehören unsere Schatten, die wir werfen genauso dazu wie die Schatten auch zum Licht gehören. C.G. Jung beschreibt den Schatten der Menschen als einen verdrängten Aspekt der Persönlichkeit. Es ist das Unbewusste in uns, welches uns ängstigt, dem wir uns nicht gern stellen wollen, mit dem wir uns nicht identifizieren möchten. Dennoch müssen wir zu ihm werden, wenn wir uns selbst heilen wollen. Der Schatten ist daher sehr zwiespältig. Er fasziniert und stößt uns ab. Wenn wir uns mit dem Thema Schatten beschäftigen, dann beschäftigen wir uns gleichzeitig mit dem Wort Projektion. Als Projektion bezeichnet Freud ein Verfolgen eigener Wünsche in anderen. Schatten und Projektionen sind also unbewusste Aspekte, die wir verdrängt haben und die sich im Unbewussten befinden.  

Die Welt als Spiegel des Innenlebens

Ein schönes Beispiel für eine Projektion ist z.B. das Verliebtsein (Achtung Spoiler: Überlies den Absatz einfach, wenn du sehr romantisch sein solltest =) Nehmen wir mal an, du lebst einer schönen Wohnung, hast ein geregeltes Einkommen und ein sicheres Leben und lernst jemanden kennen, der ein richtiger Abenteurer ist. Gerade auf Weltreise mit seinem Segelboot, ist mit seinem Fahrrad schon um die Welt gereist und erlebt fast jeden Tag wilde Dinge. Er vermittelt dir das Gefühl von absoluter Freiheit. Die Aspekte in dir, die du besonders liebst oder die Aspekte, die du in dir hast, aber noch nicht genug auslebst, werden auf die Person projiziert. Durch die Person wird dir also bewusst, welche Aspekte in dir noch mehr ausgelebt werden wollen. Nicht umsonst sagt man manchmal: Gegensätze ziehen sich an. Das liegt daran, dass die andere Person oft schlummernde Aspekte in dir selbst verkörpert, die du selbst aber nicht auslebst. Die Projektion führt zu der sogenannten rosaroten Brille, man nennt das auch „Idealisierung“. Bis zu dem Moment, an dem du dann vielleicht merkst, dass die Person (leider oder zum Glück) auch nur ein Mensch ist und du sie von ihrem hohen Ross herunterholst, auf die du sie gesetzt hat. Meistens passiert das nach einigen Wochoen oder Monaten in der Beziehung. Das ist der Moment für erste Beziehungskrisen oder sogar eine Trennung. In Heldengeschichten wird der Schatten oft symbolisiert mit einem Dämon, der sich dem Helden der Geschichten in den Weg stellt. Jeder Mensch zieht einen, in den meisten Fällen auch mehrere Schatten hinter sich her. Ob wir wollen oder nicht. Ganz vereinfacht gesagt: Sobald wir Aspekte aus unserem Bewusstsein verbannen, werden sie zu unseren Schatten. Das bedeutet umgekehrt auch, dass wir irgendwann mal einen Grund gehabt haben müssen, um diese Aspekte zu verdrängen. Nehmen wir das Bespiel eines Kindes Stefanie, welches von den Eltern das Gefühl bekommen hat, dass ihre Meinung nicht zählt oder unwichtig ist. Stefanie lernt, besser den Mund zu halten, um von den Eltern nicht weiter gerügt zu werden. Dieser Aspekt begleitet sie und zieht sich durch ihr Jugendalter bis hin zum Erwachsenenenleben. Sie bleibt lieber ruhig und angepasst und traut sich selten etwas zu sagen, vor allen Dingen, wenn es um „höher gestellte“ Personen wie z.B. Vorgesetzte geht. Da der Aspekt aber verdrängt ist, bleibt er vorerst im Unbewussten. Erst wenn Stefanie die Angst als solche anerkennt und als dysfunktional betrachtet, also wieder ins Bewusstsein gebracht ist, wird Stefanie in der Lage sein, diesen Schatten zu integrieren und ihr Verhalten zu ändern. Mehr dazu später.  

Woran erkenne ich meine eigenen Schatten?

"Wenn eine innere Situation nicht bewusst gemacht wird, erscheint sie im Außen als Schicksal." - C.G. Jung
Typisch Schattenaspekte im alltäglichen Leben sind zum Beispiel der klassische innere Schweinehund. Auf den inneren Schweinhund schieben wir gern das eigene Versagen. Wenn wir es zum Beispiel wieder mal nicht geschafft haben, joggen zu gehen. Den Schweinehund grenzen wir dann von unserer eigenen Persönlichkeit ab und schieben alles auf ihn ab. Das ist ein klassischer Fall von Projektion. Wir schieben unsere eigene Verantwortung auf einen abgegrenzten Teilaspekt unserer Selbst. Oder wir geben jemand anderem die Schuld an der eigenen Situation. Ähnliches gilt für die Momente, in denen wir jemandem oder etwas die Schuld an unserer Situation geben: Der Alkohol ist schuld, dass ich verkatert bin; Meine Mutter ist schuld an meiner schlechten Laune; meine Vorgesetzte ist schuld daran, dass es so stressig auf der Arbeit ist. Einen Schatten erkennen wir oft daran, dass wir uns in Situationen wiederfinden, in denen wir uns ohnmächtig oder als „Opfer“ fühlen. Hier lohnt es sich nochmal genauer hinzusehen: Welcher Aspekt spielt hier eine Rolle? Inwieweit ist wirklich der andere „schuld“ an deiner Situation und in wieweit hast du dich selbst in die Situation gebracht? Was kannst du tun, damit du dich weniger als „Opfer“ in der Situation fühlst? Wo kannst du dich selbst erheben und ermächtigen zu handeln, zu agieren statt nur zu reagieren?  

Schattenintegration

"Einen Menschen seinen Schatten gegenüberstellen heisst, ihm auch sein Licht zu zeigen ... Er weiss, dass dunkel und hell die Welt ausmachen ... Wer zugleich seine Schatten und sein Licht wahrnimmt, sieht sich von zwei Seiten, und damit kommt er in die Mitte." - C.G. Jung
Eine hervorragende Schattenarbeiterin ist Byron Katie. Sie hat Fragen entwickelt, die dich persönlich zu deinen Schatten bringen. Ich möchte hier das Beispiel Stefanie wieder aufgreifen. Was denke ich über „Meinung äußern“? Meine Meinung zählt nicht sosehr wie die von anderen. Ich bin nicht wichtig (genug). Ist das wahr? Ja. (Meistens wird man hier mit „ja“ antworten.) Kann ich mit absoluter Sicherheit sagen, dass das wahr ist? Nein. (Hier wird dann Frage 2 entkräftigt, da man sich niemals sicher sein kann.) Wie reagiere ich, wenn ich diesen Gedanken glaube? Ich bin zurückhaltend, ich fühle mich dann klein, ich höre lieber zu, ich stimme einfach zu, ich staue Wut und Trauer an. (Vielleicht neigt Stefanie auch zu unkontrollierten Wutausbrüchen, da sie sich permanent zurückhält und sich die Wut immer mehr aufstaut. Oder sie neigt zu regelmäßigen Krankheiten als Ausdruck unterdrückter Gedanken und Gefühle.) Wer wäre ich ohne diesen Gedanken? Wenn ich diesen Gedanken nicht denken würde, würde ich mich viel freier verhalten. Ich würde meine Meinung äußern, vor jeder Person, ich würde mich größer fühlen. Außerdem würde ich mich generell viel mehr trauen. Ich hätte keine Angst mehr von anderen als unwichtig gesehen zu werden. Vielleicht würde ich auch mehr Freunde haben, meine Kollegen würden mich sehen und ich würde ernster genommen werden. Wie lautet eine mögliche Umkehrung? Meine Meinung zählt genauso viel wie die von anderen. Ich bin genauso wichtig, wie alle anderen Menschen.  

Ein letzter Gedanke

"Menschen mit einem sonnigen Gemüt gelingt es wesentlich leichter, über den eigenen Schatten zu springen." - Ernst Ferstl
Die Fragen klingen auf den ersten Blick leichter als es tatsächlich ist. Gerade der letzte Schritt lässt sich nicht von heute auf Morgen einfach so glauben. Es erfordert Geduld und Zeit. Der letzte Schritt muss eingeübt werden wie ein Tanzstück. Man kann nicht von heute auf Morgen Ballett erlernen. Genauso wenig kann man von heute auf Morgen seine Schatten behandeln. Schattenarbeit bedeutet Verantwortung übernehmen. Es bedeutet, seine Schattenseiten zu sehen und sich ihnen zu stellen. Stellt man sich seinem Schatten nicht, kann das eine Weile ganz gut funktionieren. Einige Aspekte beeinflussen das Leben vielleicht nicht so stark wie andere. Gerade aber in zwischenmenschlichen und sehr intimen Beziehungen können Schatten stärker zum Vorschein kommen als in flüchtigen Begegnungen. Daher sind enge Beziehungen zu Freunden oder Partnern immer eine tolle Möglichkeit, sich seinen Schatten anzunehmen und mal genauer hinzuschauen. Dort wo das meiste Konfliktpotenzial sitzt, verbirgt sich meistens der eigene Schatten. Der Schatten wird dir so lang in deinem Leben begegnen, bis du dich ihm angenommen hast. Trau dich also, hab Mut. Es lohnt sich! Wenn du noch mehr über eine interessante Art und Weise „über deine Schatten zu springen“ lernen willst, dann schau dir doch mal den Blogartikel zur Heldenreise an. Hier berichte ich von meinen eigenen Erfahrungen mit meinen Schatten. Absolute Empfehlung! Danke, dass du dir Zeit für den Artikel genommen hast. Alles Liebe <3