Online Arbeiten: Standardisierte Dienstleistungen verkaufen

9 min
09.12.2023 00:00:00

Online Arbeiten: Standardisierte Dienstleistungen zum Paketpreis verkaufen

Ein Productized Service oder zu Deutsch „eine produktähnliche Dienstleistung" ist dein Weg, um dich als Freelancer weiterzuentwickeln. Mit Hilfe von Standardisierung und Outsourcing kannst du zumindest Teile deiner Leistung mit weniger Aufwand erbringen. Um aus einem Service ein „Produkt" zu machen, wird die angebotene Leistung in kleine Arbeitsschritte aufgeteilt. Die einzelnen Schritte werden standardisiert, wodurch sie leicht zu wiederholen sind. Anstatt der individuellen Arbeitszeit (50 Euro/Stunde) bietest du Pakete (Ergebnis für 500 Euro) an. Dadurch entfällt die Angebotserstellung und der Kunde weiß genau, was er, für welchen Preis bekommt. In der Folge erhöht sich die Qualität deiner Arbeit, du musst nicht mehr mit den Stundensätzen anderer Freelancer vergleichen, kannst Materialien aufbauen und wirst bereits vor Beginn der Leistungserbringung bezahlt. Du verkaufst nicht länger Zeit, sondern einen Wert. Genauso habe ich es gemacht. Nach einem Jahr Freelancing hatte ich mehr Kunden, als ich bedienen konnte, war aber sowohl mit meinen (internen) Stundensätzen als auch dem Arbeitsaufwand unzufrieden. Mit jedem Kunden begann die Kommunikation, das Verhandeln, die Anforderungsaufnahme und die Nachbesserungen von vorn. Also habe ich die Übersetzungen nicht mehr als Person, sondern als Agenturleistung angeboten. Der konkrete Service bestand in der Lokalisierung von englischsprachigen Beschreibungen in App-Stores, wozu die Übersetzung und die Optimierung für den deutschen Markt gehörten. Es gab zwei Pakete zu 100 und 200 Euro. Etwa ein Drittel der Einnahmen ging an freie Mitarbeiter, die die einzelnen Arbeitsschritte erledigten, der Rest war meine Marge. Ich musste mich lediglich um die Koordination des Auftrags kümmern. Vereinfacht dargestellt, sah der Prozess so aus:
  1. Kundenakquise: Freelancer A schreibt Anbieter von Apps mit schlechten Übersetzungen ins Deutsche im Google Play- und App-Store an und stellt unseren Service vor (Kosten von ca. 10 Euro pro Verkauf).
  2. Bezahlung: Der Kunde bestellt basierend auf einer sehr detaillierten Leistungsbeschreibung, bekommt die Rechnung und bezahlt vorab.
  3. Übersetzung: Freelancer B übersetzt die englischsprachige Beschreibung und den Titel für den deutschen Markt (Kosten von ca. 15 Euro).
  4. Optimierung: Freelancer C liest Korrektur und optimiert die Beschreibung für oft gesuchte Schlagwörter (Kosten von ca. 15 Euro).
  5. Abschluss: Je nach Bedarf wird eine Nachbesserung durchgeführt, was selten war, und nach einer Referenz gefragt.
Selbst für sehr kreative Tätigkeiten ist dies möglich, indem beispielsweise die Anforderungsaufnahme, die Konzeptionierungsphase, Terminvereinbarung, Rechnungsstellung oder Leistungsumfang vereinheitlicht wird. So bleibt dir mehr Zeit für deine Kernleistung. An dieser Stelle ein Wort der Warnung, da ich selbst den Fehler gemacht und auch bei anderen oft genug gesehen habe. Bevor du eine Paketlösung anbietest, solltest du den Markt mit seinen Kunden, Problemen und Bedürfnissen kennen. Biete die Dienstleistungen so lange individuell an, bis du den Prozess verstanden hast. Erst dann solltest du standardisieren. Je besser du das Angebot standardisierst, desto mehr kannst du dich später aus dem Prozess der Leistungserbringung herausziehen. Dann hast du Ruhe, um an deinem Geschäftsmodell zu arbeiten und weitere Lösungen für die Probleme deiner Zielgruppe zu schaffen. Das könnten zusätzliche Serviceangebote, aber auch eigene Produkte wie Kurse und Bücher oder Seminare sein.
Vorteile: Der große Vorteil eines Productized Service gegenüber dem Freelancer-Dasein ist, dass du einen konkreten Wert verkaufst, anstatt deine Zeit gegen Stundenlohn anzubieten. Du kannst dein Angebotspaket mit anderen Leistungen aufwerten, die nicht von deiner Arbeitszeit abhängen, die Bearbeitung des Projektes aber effizienter machen und damit die Gewinnmarge erhöhen.
  • Skalierfähigkeit, da ein Wert anstelle von Zeit verkauft wird
  • Keine individuellen Angebote mehr, wodurch lange Erstgespräche und Anforderungsaufnahmen wegfallen
  • Kunde hat keine „Pseudo-Vergleichbarkeit" mit Stundensätzen anderer Freelancer
  • Aufwertung des Angebots durch zeitunabhängige Materialien wie Videos, Checklisten und Arbeitsbücher möglich
  • Arbeitsabläufe und damit Angebotsqualität werden mit jedem Kunden besser
  • Akquiseprozess wird deutlich kürzer und der Kunde versteht besser, was er für sein Geld bekommt
Nachteile: Selbst wenn die Dienstleistung zu großen Teilen standardisiert ist, bleibt sie immer ein stückweit individuell. Solltest du noch sehr wenig Erfahrung als Dienstleister haben, kann es sein, dass du dich in den ersten Projekten verkalkulierst. Außerdem besteht die Gefahr, dass du einen Productized Service entwickelst, der am Markt keinen Anklang findet. Schnelle Markttests mit individuellen Dienstleistungen, die später standardisiert werden, sind deshalb ausschlaggebend für deinen Erfolg.
  • Viel Erklärungsbedarf für hochpreisige Angebote
  • Monotonie durch sich ständig wiederholende Abläufe
  • Ausschluss von Kunden, die Individualprojekte wollen (was genauso gut als Vorteil gesehen werden kann)
 

Erste Schritte für Productized Services

Als Dienstleister kennst du die Kernprobleme deiner Kunden und weißt, wie du sie löst. Denke in Lösungswegen. Welches Problem hat ein Klient vor der Zusammenarbeit mit dir und wo steht er danach. Diese Transformation mit gleichbleibendem Prozess ist dein Angebot zum Festpreis. Erstelle zwei bis drei Pakete mit unterschiedlichem Leistungsumfang. Auf einer Landingpage skizzierst du den Lösungsprozess mit einzelnen Schritten, die zum Ergebnis führen. Teste das neue Angebot mit früheren Auftraggebern oder Kontakten aus deinem Netzwerk. Scheue dich nicht davor, die Leistung am Anfang kostenlos zu erbringen, um Erfahrungswerte und Referenzen zu sammeln. Sobald du dir deiner Sache sicher bist, gehst du auf Kundenfang.
  1. Individuelle Leistung: Als Freelancer löst du das Kernproblem deiner Kunden so oft, bis du eine Abfolge in der Leistungserbringung erkennst.
  2. Lösungsweg: Du kennst das Problem deiner Klienten vor der Zusammenarbeit und deine Lösung. Den Prozess dieser Transformation verkaufst du als Paket.
  3. Verkaufsseite: Auf einer Website bildest du die Schritte des Lösungswegs ab, den der Kunde zum Festpreis kauft.
  4. Angebot testen: Probiere deine standardisierten Services (kostenlos) mit früheren Auftraggebern aus und lasse dir Referenzen geben.
  5. Weiterentwicklung: Überlege, welche Arbeitsschritte du an freie Mitarbeiter abgeben und wie du das Paket durch zusätzliche Materialien aufwerten kannst.

1. Individuelle Leistung

Solltest du schon einige Erfahrungen als Freelancer gesammelt haben, kennst du die Probleme deiner Auftraggeber. Du weißt, mit welcher Art von Aufträgen bestehende Kunden immer wieder auf dich zukommen. Dabei ist es wichtig, in Lösungen zu denken. Eine Website oder das Social Media-Management sind weder ein Problem noch eine Lösung. Überlege dir, was dein Kunde damit eigentlich erreichen will. Möchte er mehr Kunden, mehr freie Zeit, weniger Risiko oder vielleicht Zugang zu Fachkräften? Wenn du noch keine Erfahrungen als Dienstleister in deinem Markt gesammelt hast, erbringe den Service erstmal individuell. Wie du loslegst, erfährst du in diesem Beitrag.

2. Lösungsweg

Um wirklich wertvoll für deinen Kunden zu sein, musst du ihn nachhaltig transformieren. Überlege, wie das Leben deines Wunschkunden aussieht, bevor er mit dir arbeitet. Welche Probleme hat er? Wie fühlt er sich? Was lässt ihn nachts nicht einschlafen? Sobald du diese Herausforderung identifiziert hast, denke darüber nach, wie sein Leben nach der Zusammenarbeit sein soll. In welcher Weise geht es ihm nun besser? Wie fühlt er sich, nachdem sein Problem ein für alle Mal gelöst wurde? Die Lücke zwischen dem Davor und Danach ist die Transformation, die du deinem Kunden verkaufst. Für gewöhnlich ist diese Veränderung zu groß, um sie in einem Schritt zu gehen. Welche Mini-Transformationen benötigt es, damit er die vollständige Problemlösung erreicht? In welche Einzelschritte kannst du die Leistung aufteilen?

Fallstudie: Frank, der Social Media-Manager

Frank arbeitet bereits seit drei Jahren als Social Media-Manager für diverse Kunden. Dabei hat er Kanäle wie Facebook, Twitter und Instagram betreut. Seine Leistung hat er im Stundentakt für 45 Euro pro Stunde abgerechnet. Obwohl Frank seine Tätigkeit spannend findet, möchte er seine Selbstständigkeit weiterentwickeln. Er will langfristig etwas aufbauen, das ihm mehr Zeit verschafft und seine Altersvorsorge sichert. Deshalb überlegt er, wie er seine Dienstleistung in ein Dienstleistungsprodukt verwandeln kann. Das Leben davor: Der typische Kunde von Frank hat ein Unternehmen, das sich mit dem Vertrieb von Versicherungsprodukten beschäftigt. Seine Herausforderungen sind:
  • Er ist mit dem Kerngeschäft völlig ausgelastet und hat kaum den Kopf frei, um sein Unternehmen weiterzuentwickeln.
  • Er weiß, dass Social Media-Kanäle für die Reputation seines Unternehmens gut sind, hatte bisher aber nicht die Muße sich damit zu beschäftigen.
  • Er hat einzelne Kanäle, die völlig ungepflegt sind, und schämt sich für diese, wenn er darauf angesprochen wird.
  • Er hat viele Materialien in seiner Schublade, die auf den Kanälen gepostet werden können, doch keiner kümmert sich darum.
  • Er bekommt sogar Anfragen über seine Kanäle, doch diese bleiben unbeantwortet.
  • Sein Unternehmen macht einen altmodischen Eindruck, weshalb sich junge Kunden nicht abgeholt fühlen.
Das Leben danach: Frank denkt darüber nach, wie das Leben seines typischen Kunden nach der Zusammenarbeit aussehen müsste, damit dieser zum einen glücklich und zum anderen bereit ist, dafür einen hohen Betrag zu zahlen:
  • Seine Social Media-Kanäle sind gepflegt und repräsentieren das Unternehmen auf bestmögliche Weise.
  • Es kommen regelmäßig neue Interessenten über die Social Media- Kanäle. Kundenfragen werden schnell und kompetent beantwortet.
  • Die Kundenbasis ist nicht nur größer, sondern auch jünger geworden. Die Inhalte werden gelesen, gelikt und geteilt.
  • Sein Unternehmen wirkt menschlich und weniger wie ein kalter Konzern, weil Materialien wie Teamfotos, Blogartikel und andere spannende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
  • Das Vertrauen in die Expertise der Firma wird immer größer.
  • Er hat einen vertrauenswürdigen Partner an der Seite, der sich um seine Social Media-Kanäle kümmert, während er Zeit für sein Kerngeschäft hat.
Die Mini-Transformationen: Die Veränderung im Leben des Kunden ist zu groß, um sie in einem Schritt zu erreichen. Es bedarf mehrerer kleinerer Schritte, die jeweils als standardisiertes Produkt zu einem Festpreis angeboten werden können.
  • Facebook-Strategie entwickeln
  • Einrichtung des Facebook-Kanals
  • Sichtung der vorhandenen Materialien (Content Assets) und Erstellung eines Redaktionsplans
  • Regelmäßiges Posten auf Facebook
  • Reporting
Frank beschließt, verschiedene Pakete anzubieten. Das günstigste Angebot enthält nur die Konzeptionierung, die er in Workshops vor Ort oder via Zoom anbietet. Das mittlere Paket beinhaltet neben der Strategieentwicklung auch das Erstellen einer Content-Bibliothek und eines Redaktionsplans. Im Premium-Paket ist das regelmäßige Posten auf Facebook zum monatlichen Paketpreis mit drin.

3. Verkaufsseite

Der Kunde muss sehr gut verstehen, wofür genau er sein Geld ausgibt und was du als Dienstleister für ihn machst. Sobald du die Mini-Transformationen erarbeitet hast, zeigst du auf, wie sie im Zusammenhang stehen. Dafür erstellst du eine Grafik, die deinem Kunden klar aufzeigt, was im Paket enthalten ist. Diese Abbildung kann diverse Formen haben. Vielleicht ist es ein Wasserfallprozess, ein Kuchen mit mehreren Kuchenstücken oder ein Tempel mit einem Fundament, Säulen und einem Dach. Dein Productized Service muss klar auf einer einfachen Website beschrieben werden. Biete zwei bis drei Pakete mit unterschiedlichem Leistungsumfang an. Auf einer Landingpage skizzierst du einen Lösungsprozess mit den einzelnen Schritten, die zum Ergebnis führen. Gehe dabei auf folgende Inhalte ein:
  • Ultimatives Ziel: Wo möchte dein Kunde am Ende hin?
  • Was denkt der Kunde, was sein Problem ist? Welches „Jucken" versucht er zu kratzen?
  • Was macht dein Angebot wirklich wertvoll für den Kunden?
  • Wie sieht das Leben deines Kunden vor und nach der Zusammenarbeit aus? Welche Mini-Transformationen braucht es dafür
  • Warum bist du der richtige Partner für deinen Kunden? Warum passen deine Werte, Expertise und Erfahrungen zu ihm?
  • Wie wird eine Zusammenarbeit in einzelnen Schritten ablaufen?
  • Kundenstimmen
  • Preise & Pakete
  • Häufige Fragen
 

4. Angebot testen

Wenn du bereits als Freelancer tätig warst, hast du eine Menge Kontakte in der Branche. Überlege dir, wer ein passender Kunde für dein Angebot ist und rufe oder schreibe ihn direkt an. Solltest dir niemand in deinem Netzwerk einfallen, schaue dir mal diese Methoden zur Kundenakquise an. Scheue dich nicht davor, die Leistung am Anfang kostenlos zu erbringen, um Erfahrungswerte und Referenzen zu sammeln. Erst, wenn du dein neues Standard-Angebot mit ein paar Kunden getestet hast, solltest du weitere Marketing-Maßnahmen unternehmen.  

5. Weiterentwicklung

Wenn du die Dienstleistung ein paar Mal verkauft hast, geht es an die Weiterentwicklung. Werte dein Paket auf, indem du Checklisten, Arbeitsbücher oder unbegrenzten E-Mail-Support dazu gibst. Gib noch mehr Leistung, ohne dass du dafür parallel mehr Zeit investieren musst. Hier ein paar Anregungen:
  • Materialien wie Videos, Arbeitsbücher, Checklisten oder Branchenreports
  • Software oder Apps
  • Unbegrenzter E-Mail-Support (es wird nur vereinzelte Härtefälle geben)
  • Zugang zu Online Communitys (Facebook Gruppen oder Foren)
  • Kostenlose Tickets für Offline-Events oder Online-Konferenzen
  • Mastermind-Gruppen, monatliche Hangouts oder Challenges
  • Zugang zu anderen Dienstleistern (Expertendatenbank) und Vergünstigungen bei Kooperationspartnern
  • Kostenloses Buch oder Geschenk-Gutschein
  • Lebens- oder Geschäftspartner oder Mitarbeiter ist kostenlos mit inbegriffen
Um dir mehr Zeit zu schaffen, dokumentierst du genau, wie du einzelne Arbeitsschritte erledigst. So kannst du diese an (freie) Mitarbeiter auslagern. Suche dir dafür Freelancer, die du gut einarbeitest und denen du vernünftige Stundenlöhne bezahlst. Ohne zuverlässige Mitarbeiter wirst du Probleme mit einer hohen Fluktuation und der abgelieferten Qualität bekommen. Je besser du das Angebot standardisierst, desto mehr kannst du dich aus dem Prozess der Leistungserbringung herausziehen. Dann hast du Ruhe, um an (und nicht in) deinem Geschäftsmodell zu arbeiten. Entwickle weitere Lösungen für die Probleme deiner Zielgruppe. Das könnten zusätzliche Serviceangebote, aber auch eigene Produkte wie Kurse, Bücher oder Seminare sein.    

12 Ideen für Productized Services

  • Ich baue dir eine Verkaufsseite als Landingpage für 800 Euro
  • Ich schreibe jeden Monat vier Artikel auf deinem Blog für 650 Euro
  • Ich erstelle dir eine komplette Corporate Identity für 1.500 Euro
  • Ich interpretiere dein Geburtshoroskop für 200 Euro
  • Ich übernehme deine E-Mails als Urlaubsvertretung für 29 Euro am Tag
  • Ich halte deine Website sicher für 199 Euro pro Monat
  • Ich reinige deinen Pool einmal alle zwei Wochen für 200 Euro pro Monat
  • Ich schalte eine einmonatige Facebook-Kampagne für 799 Euro
  • Ich kümmere mich um deine Büropflanzen für 199 Euro pro Monat
  • Ich organisiere dein eintägiges Event für max. 500 Personen für 3.499 Euro
  • Ich buche deine Flüge für 150 Euro pro Buchung
  • Ich verbessere die Ladezeiten deiner Website für 799 Euro
 

Weiterführende Ressourcen

  Hat dir der Beitrag geholfen? Es ist der zweite Teil einer Artikelserie zu ortsunabhängigen Geschäftsmodellen. Neben den standardisierten Dienstleistungen gibt es natürlich viele weitere Möglichkeiten, um online zu arbeiten. Alle zwei Wochen erscheint ein neuer Artikel zu dieser Reihe.